Des Capt’ns neue Kleider

Mitte März 2020 waren die Daten zu Covid19 schon recht genau bekannt. Vorsicht war das Gebot der Stunde, wir wollten ja nichts riskieren. Doch die Maßnahmen wurden stetig verschärft und die per Medien transportierte Gefährlichkeit hochgestuft. Ist aus dem anfänglich absonderlichen Exzentriker ein gefährlicher Psychopath geworden? Wohl kaum, wir reden über einen Virus, der „radikalisiert“ sich nicht innerhalb von wenigen Wochen zum Superkiller.

Warum also Maßnahmen, die die Daten gar nicht forderten? Warum trauten wir uns nicht zu, mit Vernunft darauf zu reagieren, und freuten uns gehorsam über die verhängten Verbote (oder war es die Einstellung: ich bin schon brav, aber die anderen!)?
Leute begannen auf sozialen Medien Befehle zu bellen und Bestrafungsphantasien zu äußern. Denunzieren wurde empfohlen. Ich hatte 9/11 ziemlich hautnah erlebt (lebte damals in NYC) und es erinnerte mich an die Zeit danach. Und zu beiden Zeiten dachte ich, so müssen sich die 1930er bei uns angefühlt haben. Ihr findet das wahrscheinlich übertrieben, aber das waren meine Gedanken.

Was mich am meisten verblüffte: ich sah keinerlei Kritik, weder von den Künstlerkolleg*innen, Intellektuellen, Linken, Rechten, Punks, Outlaws mit und ohne Motorrad, Stammtischstammredner*innen. Wo waren die Klimaaktivisten, Menschenrechtler, die andere Risiken abwägten? Ich hatte das Gefühl, ich war mit meinen ersten posts (so ab dem 14.3.) mit kritischen Gedanken ziemlich alleine.

Um diese Thematiken zur Diskussion zu stellen, habe ich am 20.3.2020 ein paar meiner alten (sozialkritischen) Lieder mit passendem Outfit neu interpretiert. Voi la, c’est Capt’n Covid qui chant…

I bin da Teifö

Fred ist eine Allegorie auf das Dasein als Forscher*innen, Kreativarbeiter*innen usw, also Menschen die viel im Kopf arbeiten, vielleicht kompliziert sind, zu Lebzeiten meist unbekannt. Denn oft wird die Bedeutung ihres Werks erst viel später klar.

Fred

Rund ein Monat sind seit den obigen Zeilen vergangen. Die öffentliche Wahrnehmung hat sich signifikant geändert, es wird konkret über eine Reihe von Öffnungen (teilweise Rücknahme der Maßnahmen) diskutiert. Es wird aber auch die scheinbare Willkür der unterschiedlichen Behandlung verschiedener Branchen kritisiert. Mittlerweile gibt es eine Reihe an kritischen Stimmen. Der offizielle Standpunkt ist spannend, so als wäre gleich der Auferstehung zu Ostern der Virus nun „überstanden“.

Mein anfänglicher Widerstand hat mit einer Phase der Stille und Reflexion gewechselt. Ich hatte meine Meinung bereits gesagt und verfolgte Information und Diskussion (auf sozialen Medien) immer weniger. Einerseits, weil die immer gleiche Litanei und andererseits auch, um die Zeit für meine Themen zu verwenden. Ich habe zunehmend das Gefühl des fehlenden Austauschs – im Gegensatz zur hochgepriesenen „Solidarität“ erlebte ich kein Interesse an Diskussion.

Seit Mai erlebe ich ein Gefühl, dass sich ein wenig wie Trauer anfühlt, und das Gefühl nicht gut „vom Fleck“ zu kommen. Kein Wunder, denn wir kommen als Gesellschaft ebenso wie örtlich seit fast 2 Monaten kaum vom Fleck. Passend dazu bringe ich hier die weiteren 2 songs, die ich allerdings schon am 20.3. aufgenommen habe:

Gesellschafts – Ska
Wiz(z)ard of Oz

Abschließend hoffe ich, dass Initiativen wie mehr nachhaltige Mobilität mit dem Rad, Maßnahmen gegen den Klimawandel, für eine nachhaltigere Wirtschaft (beispielsweise bedingungsloses Grundeinkommen) und menschlicherer Umgang mit Migration umgesetzt werden. Ich bin allerdings skeptisch, dass das passiert – umsomehr will ich mich nun auch damit beschäftigen. Daher, voller Einsatz Leute!